Wenn Schweigen ungesund geworden ist, brauchen wir Wege einander wieder zu hören...
Wir alle kennen das beklemmende Gefühl, wenn das Ungesagte schwer zu wiegen beginnt. Wieso fehlt in so vielen Teams der Mut, heikle zwischenmenschliche Themen anzusprechen? Eine häufige Ursache für das schwerwiegende Schweigen ist die Angst zu verletzen. Nicht ganz zu Unrecht: Denn wir alle haben schon erlebt, dass das Ansprechen von Spannungen tatsächlich zu Verletzungen und Zerwürfnissen geführt hat.
Fixe Formate für Spannungen im Team
Zusätzlich zu euren operativen und strategischen Meetings braucht ihr ein eigenes Meeting Format, das NUR euren zwischenmenschlichen Themen gewidmet ist. In welchen Abständen das für euch sinnvoll ist, könnt nur ihr selbst herausfinden. In jedem Fall braucht ihr dazu die Kompetenz, heikle (Beziehungs-)Themen zu moderieren. Ist keine Superführungskraft zur Hand, die das leistet, könnt ihr schauen, wer von euch in diese Richtung Spaß und Talent hat. Vielleicht sind das ja mehrere von euch. Diese können dann wechselweise eine ROLLE im Team einnehmen und Meetings zu Beziehungsthemen einberufen und moderieren. Selten fielen bisher Meister*innen vom Himmel, aber wo Lust am Thema besteht und auch etwas Talent da ist, ist es sinnvoll, in den Ausbau der Moderations-Kompetenz zu investieren. Auch könnt ihr dazu punktuell jemanden engagieren, die oder der die Expertise hat, Spannungsthemen zu moderieren. Das eine oder andere Coaching mit einer kompetenten externen Kraft kann ebenfalls eine gute Investition sein.
Wichtig ist, dass das Bearbeiten von zwischenmenschlichen Spannungen ein selbstverständlicher Teil eures Arbeitslebens wird.
Spannungen zwischen zwei
Es gibt Spannungsthemen, die nur zwei Menschen betreffen, und nicht mit dem gesamten Team zu bearbeiten sind. Das heißt aber nicht, dass ihr dafür gleich eine Mediatorin oder einen Mediator bestellen müsst. Ihr könnt das vermutlich ganz alleine schaffen, müsst aber unbedingt mit eurer gewohnten Art emotionale Dinge anzusprechen "brechen". Wir fallen nämlich viel zu schnell in eine Strategie, die noch nie funktioniert hat: Das Streben danach "Recht zu haben", um alle Probleme rasch vom Tisch zu bekommen und die schnelle Lösung durchzubringen. So geraten wir unweigerlich in das Fahrwasser der Vorwürfe, Rechtfertigungen und Anschuldigungen.
Gewinner*innen produzieren Verlierer*innen
Damit in eurem Team niemand verlieren muss, müsst ihr den Drang nach der schnellen Lösung bei zwischenmenschlichen Themen überwinden. Mit einer klaren Strategie und der Disziplin, diese einzuhalten, kann es tatsächlich nur EINEN Gewinner geben: Euer WIR. Dazu ist ein eigenes Format des Zuhörens notwendig.
Formate des Zuhörens
Formate des Zuhörens sind erst einmal eines: ungewohnt! Wir sind darauf trainiert unsere Anteilnahme bei jeder Gelegenheit kundzutun oder auch unser Unverständnis. In jedem Fall sind wir beim Dialogführen sehr damit beschäftigt zu reagieren und unseren Senf beizusteuern.
Gute Formate des Zuhörens brechen mit dieser Dynamik. Eine Person TEILT die eigene Wahrnehmung MIT, die andere Person gibt das GEHÖRTE wieder. Die Frage "Habe ich dich gehört?" und die Versicherung "Ja, du hast mich gehört!" berührt und schafft Verbindung.
Damit kann zu einem Zeitpunkt, wo noch keine Handlungsvereinbarung am Tisch ist, die Spannung bereits gelöst sein. Die emotionale Basis für eine tragfähige, gemeinsame Lösung ist geschaffen.
Wenn ihr solchen Dialogen einen fixen Platz in eurem Arbeitsalltag einräumt, habt ihr eine tolle Basis um mit euren Verschiedenheiten, euren Diversitäten, gut klarzukommen. Denn starke Teams sind divers und nicht homogen. Hilfreich dabei ist es, diese Unterschiedlichkeiten fassen und sogar nutzen zu können. Wie das funktioniert? Damit beschäftigen wir uns im nächsten Beitrag: "Work Life begins at the end of toxic homogenity"
Mag. Reingard Winter-Hager